04.11.2021 - Errichtung von Pflegekammern in den einzelnen Bundesländern

Bundesebene


Im November 2020 hat die Bundespflegekammer fünf zentrale Forderungen an die Politik formuliert. Mit deren Erfüllung soll der Bedarf an Pflegefachpersonen auch zukünftig gedeckt und eine gute pflegerische Versorgung auf Dauer sichergestellt werden.

Die Forderungen beinhalten den Schutz der Gesundheit des Pflegepersonals und klare Besuchsregelungen, die Verbesserung der Personalausstattung, die Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum, eine angemessene Bezahlung und eine gerechte Finanzierung der Pflege.


Die erste Arbeitssitzung der Mitglieder der Pflegekammerkonferenz, der Arbeitsgemeinschaft der einzelnen Landespflegekammern auf Bundesebene, fand im Juni 2019 statt. Die Landespflegekammern Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben mit dem Deutschen Pflegerat (DPR) mit der Pflegekammerkonferenz eine gemeinsame Vertretung in Berlin gegründet: Die Pflegekammerkonferenz (AG der Pflegekammern – Bundespflegekammer) wurde in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins gegründet und soll die Interessen der Pflegefachpersonen auf Bundesebene vertreten.

 

Die Forderung nach Gründung einer Bundespflegekammer waren bereits zum Jahresbeginn 2019 wieder lauter geworden. Dies war u. a. der Tatsache geschuldet, dass zu diesem Zeitpunkt auch in Nordrhein-Westfalen die Gründung einer Pflegekammer ins Auge gefasst wurde.


Bereits am 28. September 2017 hat sich die Gründungskonferenz der Bundespflegekammer konstituiert. Der Beschluss zur Errichtung einer Gründungskonferenz für eine Bundespflegekammer wurde bereits Mitte August 2017 vom Deutschen Pflegerat zusammen mit der Pflegekammer Rheinland-Pfalz gefasst. Getragen werden soll die Bundespflegekammer von den Landespflegekammern. Aufgabe der Bundespflegekammer soll es u. a. sein, eine gemeinsame Interessenvertretung aller professionellen Pflegekräfte zu schaffen und damit zentraler Ansprechpartner der Politik und des Gesetzgebers zu werden. Daneben soll die Bundespflegeammer auch dazu beitragen, dass bald in allen Bundesländern unabhängige Landespflegekammern etabliert werden.


Eine Bundespflegekammer hätte rund 1,3 Millionen Mitglieder. Zum Vergleich: Die Bundesärztekammer hat weniger als 400.000 Mitglieder.


Baden-Württemberg

 

Nach einer im Frühjahr 2018 durchgeführten Umfrage des baden-württembergischen Sozialministeriums befürworteten rund 68 Prozent der Umfrageteilnehmer die Errichtung einer Pflegekammer. Ein entsprechendes Heilberufe-Kammergesetz als Voraussetzung für die Gründung der Pflegekammer wurde in die Legislaturperiode nach der Landtagswahl im März 2021 verschoben. Ursache für die Verschiebung war wohl Kritik von unterschiedlichen Akteuren.


Weitere Informationen finden Sie auf der Website: www.pflegekammer-bw.info


Bayern


Am 24. Oktober 2017 haben sich bayerische Pflegekräfte offiziell zur "Vereinigung der Pflegenden in Bayern"  (VdPB) zusammengeschlossen. Das entsprechende Gesetz ist am 1. Mai 2017 in Kraft getreten. Die VdPB ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Mitgliedschaft ist freiwillig und beitragsfrei. Auch einjährig qualifizierte Pflegefachhelfer können Mitglied werden. Trägerverbände, und somit die Arbeitgeber, können nicht ordentliche Mitglieder der VdPB werden.


Bereits Mitte Juli 2016 hatte sich das bayerische Kabinett gegen die Einführung einer Pflegekammer und für eine "Vereinigung der bayerischen Pflege" entschieden.  Die Mitgliedschaft in dieser Vereinigung sollte im Gegensatz zu einer Mitgliedschaft in einer Pflegekammer freiwillig und beitragsfrei sein. Dieser bayerische Sonderweg ist umstritten.


Das Aus für die Pflegekammer in Bayern hatte zu unterschiedlichsten Reaktionen in der Pflegeszene geführt. Je nach Lager wurden u. a. die im Dezember 2013 veröffentlichten Ergebnisse einer Befragung zur Errichtung einer Pflegekammer in Bayern Für oder Wider eine Pflegekammer angeführt. Die Befragung wurde damals in rund 300 Einrichtungen durchgeführt. Rund 50 Prozent der Befragten hatten sich für eine Pflegekammer und 34 Prozent dagegen ausgesprochen.  


Ein Rechtsgutachten hatte im Vorfeld die Gestaltung der Vereinigung als Selbstverwaltungsorgan als "äußerst problematisch" bezeichnet. Ohne Pflichtmitgliedschaft werde eine demokratische Legitimation der Organisation von vornherein verhindert.


Weitere Informationen finden Sie auch auf der Internetseite http://www.stmgp.bayern.de/

 

Berlin


Im Berliner Abgeordnetenhaus wird das Thema "Errichtung einer Pflegekammer" kontrovers diskutiert. Senatspolitisch ist zurzeit keine Pflegekammer gewollt. Alternativ soll in einem Dialogprozess auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen Pflegender hingearbeitet werden.


Dem Ganzen war zwischen November 2014 und März 2015 eine Umfrage vorausgegangen. In Berlin wurden rund 1.200 Pflegekräfte zu ihrer Meinung bzgl. der Errichtung einer Pflegekammer befragt. Rund 60 Prozent stimmten für die Errichtung einer Pflegekammer und rund 17 Prozent waren dagegen. Dabei war die Zustimmung innerhalb der Berufsgruppen unterschiedlich. Auch die Mehrheit der befragten Auszubildenden sprach sich für eine Pflegekammer aus. Im Nachgang wurde insbesondere kritisiert, dass die Befragung nicht repräsentativ gewesen sei.


Bereits Mitte 2013 hatte der Berliner Senator für Gesundheit und Soziales eine Befragung zur Errichtung einer Pflegekammer in Berlin angekündigt. Der Landespflegerat Berlin/Brandenburg hat diese Entscheidung begrüßt. Allerdings gab es auf Seiten des Arbeitgeberverbandes Pflege Widerstand. Mitte Oktober 2014 startete der Gesundheitssenator mit einer Informationskampagne. Sie sollte die Pflegenden über das Für und Wider einer Pflegekammer unterrichten. Zwischenzeitlich wurden 53 Experteninterviews durchgeführt und im Hinblick auf ihre Hauptargumente analysiert. Diese Informationen dienten als Grundlage für einen Info-Flyer und einen Fragebogen. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.allianz-pflegekammer.berlin sowie http://www.fv-pflegekammer-berlin.de/


Brandenburg

 

In Brandenburg wird es vorerst keine Pflegekammer geben. Im Rahmen einer Befragung von rund 1.700 Pflegenden hatten sich jeweils 30 Prozent für bzw. gegen die Errichtung einer Pflegekammer ausgesprochen. Die restlichen 40 Prozent waren unentschlossen. Aus diesem Grund hat das Sozial- und Gesundheitsministerium zum jetzigen Zeitpunkt darauf verzichtet, eine Empfehlung abzugeben. In der nächsten Legislaturperiode (Landtagswahlen im September 2019) soll das Thema erneut angegangen werden.


Historie: Seit April 2015 gibt es nach dem Vorbild anderer Bundesländer auch in Brandenburg eine Initiative zur Gründung einer Pflegekammer. Auf der Petitionsplattform Change.org wurden Unterschriften gesammelt, um den politischen Prozess zu beschleunigen. Gleichzeitig hatte der Landtag die Landesregierung aufgefordert, eine Informationskampagne zu den Aufgaben einer Pflegekammer durchzuführen. Außerdem sollte mithilfe einer Umfrage geklärt werden, wie die potenziellen Kammermitglieder zu der Errichtung einer Pflegekammer stehen. 

Im April 2018 startete dann der "Dialog Pflegekammer" mit einer Info-Kampagne über das Für und Wider einer Pflegekammer gestartet. Von Ende April bis Mitte Oktober 2018 wurde eine Online-Befragung von Pflegekräften durchgeführt. Zusätzlich wurden repräsentativ ausgewählte Pflegekräfte und Auszubildende in einem Telefoninterview zum Thema Pflegekammer befragt. In Brandenburg arbeiten zurzeit rund 54.000 Beschäftigte und Azubis in der Pflege.

 

Bremen


Die Vollversammlung der Arbeitnehmerkammer Bremen hat sich gegen die Errichtung einer Pflegeberufekammer ausgesprochen. In der Arbeitnehmerkammer sind alle in Bremen Beschäftigte mit Ausnahme der Beamten Mitglied.   



Hamburg


Bei einer ersten Befragung im Januar 2014 hatten nur 36 Prozent der Befragten die Errichtung einer Pflegekammer befürwortet. 48 Prozent votierten dagegen. Bisher hat sich die zuständige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nicht mehr mit entsprechenden Planungen befasst.


Hessen

 

Die rund 65.000 Pflegekräfte in Hessen haben im Sommer 2018 in einer Online-Befragung mehrheitlich gegen die Errichtung einer Pflegekammer gestimmt. Insgesamt stimmten rund 43 Prozent für und 51 Prozent gegen eine Pflegekammer. Allerdings beteiligten sich an der Befragung nur rund 7.800 Pflegekräfte. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 12 Prozent. Insbesondere unter den Altenpflegefachkräften fand die Pflegekammer wenig Zustimmung. Im Nachgang bemängelten einige Berufsverbände die Befragung als chaotisch, völlig übereilt und ohne ausreichende Informationen im Vorfeld. Bestimmte Arbeitgeberverbände begrüßen das ablehnende Votum in Hessen ausdrücklich. 



Mecklenburg-Vorpommern

 

Das Sozialministerium hatte bereits im Frühjahr 2019 zeitnah eine Prüfung angekündigt, ob eine Landespflegekammer "vor Ort ein Ansprechpartner sein kann, der in diesem Bereich noch fehlt". Bisher gibt es mit Stand März 2021 keine konkrete Initiative der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern bezüglich der Errichtung einer Pflegekammer.


Bereits im Frühjahr 2014 hatte das Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit dem Thema "Die Situation der Pflegeberufe in Mecklenburg-Vorpommern" befasste. Ein Schwerpunkt der Befragung war, wie die Betroffenen zur Frage der Errichtung einer Pflegekammer stehen. Die ermittelten Zahlen wurden im Rahmen einer Sozialberichterstattung veröffentlicht. 73 Prozent der 854 Befragten sprachen sich für eine Pflegekammer und rund 16 Prozent dagegen aus. Von den Befürwortern einer Pflegekammer wollten allerdings nur rund 62 Prozent dafür Beiträge entrichten. Befürworter fand die Pflegekammer vor allem im Krankenpflegebereich mit rund 92 Prozent.    

2016 war durch Befürworter der Pflegekammer eine Petition im Landtag eingereicht worden, um Druck auf die politisch Verantwortlichen auszuüben.

 

Niedersachsen

 

Ende April 2021 hat der niedersächsische Landtag die Auflösung der Pflegekammer beschlossen. Die Auflösung soll zum 30. November 2021 erfolgen.


Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Pflegekammer noch Zeit um Abwicklungaufgaben, wie zum Beispiel Vertragskündigungen vorzunehmen. Danach erledigt das Land in seiner Funktion als Rechtsnachfolger die noch verbliebenen Aufgaben. Die Regelung von Weiterbildungen wird wieder auf das Land übergehen, das laut Gesetz dazu ermächtigt wird, eine Weiterbildungsordnung zu erlassen.


Die Auflösung erfolgt, weil nach dem im September 2020 veröffentlichten Ergebnis der Online-Befragung 70,6 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte gegen den Fortbestand der Kammer stimmten. Allerdings nahmen von den 78.000 Pflegekräften in Niedersachsen nur 15.100 an der Befragung teil.

Was geschah davor?
Am 8. August 2018 fand die konstituierende Sitzung der Pflegekammer statt. Die Pflegekammer umfasst 31 Sitze. Der Vorstand besteht aus 7 Personen, inklusive Präsidentin und Stellvertreterin. Die Mitgliedschaft in der Pflegekammer ist für die rund 90.000 Pflegefachkräfte (Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege) verbindlich. Das "Gesetz über die Pflegekammer Niedersachsen" vom 14. Dezember 2016 ist am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. In der Pflegekammer sind verschiedene Berufsgruppen vertreten. Die 31 Sitze verteilen sich wie folgt: Gesundheits-und Krankenpflege 20 Sitze, Altenpflege 8 Sitze und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 3 Sitze. 224 Kandidaten standen zur Auswahl. Rund 47.000 Pflegende hatten sich für die Wahl registriert. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 30 Prozent. Bereits Anfang Mai 2018 wurde ein Geschäftsstellen-Geschäftsführer eingesetzt. Er wird die Entscheidungen der Kammerversammlung umsetzen. Darüber hinaus ist die Geschäftsstelle Anlaufstelle für Mitgliederfragen.


Seit Errichtung der Pflegekammer reißt die Kritik daran nicht ab - neben der vielfach kritisierten Beitragsgestaltung gab es auch personelle Querelen.

Aufgrund der ständigen Kritik hatte das Niedersächsische Sozialministerium im September 2019 mit der Evaluation der Arbeit der Pflegekammer begonnen. Dies sollte zur Versachlichung der grundsätzlichen Diskussion um die Pflegekammer beitragen. Mit der Online-Befragung aller rund 80.000 Mitglieder, die zwar zeitweise wegen Manipulationsvorwürfen und im zweiten Anlauf durch eine Klage gestoppt wurde, sollten die Pflegekräfte das Wort haben und abschließend für oder gegen eine berufsständische Vertretung durch eine Pflegekammer entscheiden. Die Befragung endete am 6. September 2020. Das Ergebnis der Befragung bedingte den Auflösungsprozess der Pflegekammer (s. o.).


Weitere Meilensteine: Am 17. Juni 2019 wurde eine Ethikkommission eingerichtet. Sie kann Orientierung geben, wenn die Pflege eines Menschen in Grenzbereiche führt und Sinnhaftigkeit und Nutzen pflegerischer Maßnahmen unterschiedlich bewertet werden. Sie besteht aus neun Mitgliedern und neun stellvertretenden Mitgliedern und ist für die Dauer von fünf Jahren bestellt. 


Die Zuständigkeit für die Weiterbildung in Pflegefachberufen  hat die Pflegekammer zum 1. Januar 2019 vom Land Niedersachsen übernommen.


Rechtsprechung: Am 7. November 2018 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Klagen zweier Kammermitglieder abgewiesen, die die Rechtmäßigkeit der Kammermitgliedschaft angefochten hatten. Das niedersächsische Kammergesetz sieht nämlich eine Mitgliedschaft in der Pflegekammer auch dann vor, wenn bei der aktuell ausgeübten Tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Berufsausbildung (Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege) eingesetzt werden oder auch nur eingesetzt werden können. Nähere Einzelheiten enthalten die Begründungen zu  den Urteilen mit den Aktenzeichen 7 A 5658/17 und 7 A 6876/18. Auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat mit seinem Urteil vom 22. August 2019 (AZ: 8 LC 116/18, 8LC 117/18) den Klagen nicht stattgegeben und darüber hinaus die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.   


Weitere Informationen finden Sie unter: www.pflegekammer-nds.de


Nordrhein-Westfalen


Geschätzt 220.000 Pflegefachpersonen können sich noch bis 21. Dezember 2021 als Mitglied der Pflegekammer registrieren lassen. Registrierte Mitglieder können auch selbst kandidieren. Trotz anhaltender Kritik gegen die Errichtung der Pflegekammer laufen die Vorbereitungen zu den Wahlen der Kammerversammlung weiter.


Am 24. Juni 2020 hatte der nordrhein-westfälische Landtag das Gesetz zur Errichtung der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Die Mitglieder für einen Errichtungsausschuss zur Gründung einer Landespflegekammer wurden Ende September 2020 berufen.


Der Errichtungsausschuss hat die Aufgabe, die Pflegekammer aufzubauen. Dazu gehört u. a. der Aufbau einer Geschäftsstelle und die Erarbeitung der wichtigsten Satzungen. Die Landesregierung stellt für den Aufbau der Pflegekammer insgesamt fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Wichtige Aufgaben des Errichtungsausschusses sind die Registrierung der Kammermitglieder und die Vorbereitung der ersten Kammerversammlung. Die gewählte Kammerversammlung soll spätestens bis zum 1. April 2022 zusammentreten. Der Errichtungsausschuss nimmt bis zum ersten Zusammentritt der gewählten Kammerversammlung deren Aufgaben und Befugnisse wahr, soweit dies erforderlich ist. Erst die Kammerversammlung wird die Satzungen verabschieden, die unmittelbar die Pflegeprofession betreffen. Dazu gehören beispielsweise der Erlass einer Berufsordnung sowie Fort- und Weiterbildungsordnungen.


Historie: 79 Prozent der im Herbst 2018 befragten rund 1.500 Pflegenden in Nordrhein-Westfalen hatten sich für die Errichtung einer Pflegekammer ausgesprochen.


Von politischer Seite wurde diese Stichprobe scharf kritisiert. Es wurde eine Urabstimmung aller Pflegefachkräfte gefordert, um so auch ein repräsentatives Bild zu erhalten. Die Befragung wurde von einem unabhängigen Institut durchgeführt. In Nordrhein-Westfalen sind voraussichtlich rund 197.000 Pflegekräfte, davon rund 75.000 Personen in der Altenpflege, von der Entscheidung betroffen.


Bereits Ende September 2015 wurden mehr als 42.000 Unterschriften für die Gründung einer Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen dem Vorsitzenden des Landtagsausschusses für Gesundheit, Arbeit und Soziales übergeben. Sie waren im Rahmen der Online-Petition "Pflegekammer NRW jetzt!" gesammelt worden. Im Dezember 2016 hatte die CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag die Errichtung einer Landespflegekammer gefordert.

Ein Entschließungsantrag zur "Stärkung der Interessenvertretung der Pflegeberufe sowie zur Entwicklung eines Handlungskonzeptes für die Errichtung einer Pflegekammer" wurde im Februar 2017 von den Fraktionen von SPD und den Grünen in den Landtag eingebracht. Die Pflegenden sollten im Rahmen einer Urabstimmung an der Entscheidung zur Errichtung einer Pflegeberufekammer beteiligt werden. 


Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.pflegekammer-nrw.de


Rheinland-Pfalz


Die Pflegekammer als berufsständische Vertretung von rund 42.000 Pflegepersonen in Rheinland-Pfalz ist seit März 2016 arbeitsfähig. Die Wahl für die zweite, fünfjährige Legislaturperiode der Selbstverwaltung fand im Sommer 2021 statt. Die Wahlbeteiligung lag allerdings nur bei knapp 17 Prozent der Wahlberechtigten. Anfang September 2021 wurde Markus Mai als Kammerpräsident wiedergewählt.


Von den registrierten Mitgliedern sind rund 20 Prozent der Altenpflege zuzuordnen, rund 70 Prozent kommen aus dem Krankenpflegebereich. Aufgaben der Pflegekammer sind u. a. die Verabschiedung von Satzungen und Verordnungen, die Besetzung von Kammern und Landesausschüssen, die Novellierung der Weiterbildungsordnung sowie der Aufbau einer Schiedsstelle.


Im Januar 2018 ist die Weiterbildungsordnung und zum 1. Januar 2020 die Berufsordnung für Pflegefachpersonen in Kraft getreten. Letztere enthält verbindliche Regelungen u. a. zu allgemeinen Berufspflichten, Anforderungen an die Berufsausübung und Fragen zur Qualitätssicherung. Das Themenspektrum ist weit gefächert, so wird z. B. auch auf den Umgang mit sozialen Medien eingegangen. 


Historie: Bereits im März 2013 stimmten 76 Prozent der Pflegekräfte, die sich für eine Befragung hatten registrieren lassen, für eine Pflegekammer für Pflegeberufe in Rheinland-Pfalz. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist die Pflegekammer gesetzlich verankert. Neben einem verstärkten politischen Einfluss, zum Beispiel durch die Mitwirkung bei der Gesetzgebung, werden die professionell Pflegenden dann auch über eine Standesvertretung verfügen, die als gleichwertiger Partner mit anderen medizinischen Berufsgruppen zusammen auftreten kann. Am 3. Juli 2013 fand die konstituierende Sitzung der Gründungskonferenz statt. Die Gründungskonferenz hatte die Aufgabe, die zukünftige Arbeit einer Pflegekammer transparent darzustellen. Außerdem unterstützen ihre Mitglieder die politisch Verantwortlichen bei der Vorbereitung der Pflegekammer. Die Gründungskonferenz arbeitete bis zur Etablierung des Gründungsausschusses der Landespflegekammer. Parallel zur Gründungskonferenz lief das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Heilberufsgesetzes. Die Änderung wurde am 17. Dezember 2014 vom Landtag beschlossen. Die Pflegekammer wurde in diesem Gesetz verankert und erhielt damit den gleichen Status wie z. B. die Ärztekammer. Nach der Änderung des Heilberufsgesetzes wurde der Gründungsausschuss berufen. Die konstituierende Sitzung des Gründungsausschusses der Pflegekammer fand am 5. Januar 2015 statt.


Nach Beendigung der Wahl zur ersten Landespflegekammer in Deutschland, am 11. Dezember 2015, fand am 25. Januar 2016 die konstituierende Sitzung der Vertreterversammlung der Pflegekammer Rheinland-Pfalz statt. Die Vertreterversammlung der Pflegekammer besteht aus 81 gewählten Vertretern. Im April 2016 wurde dann die Beitragsordnung für die Kammermitglieder beschlossen. Als Grundlage für die Berechnung der Mitgliedsbeiträge dient das Entgelt der Mitglieder aus ihrer pflegerischen Arbeit.


Kritik: Die Errichtung der Pflegekammer und mit ihr die Einführung der "Zwangsmitgliedschaft" wird nicht von allen als unkritisch gesehen. Eine Gruppe von Pflegekräften hatte sogar eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde eingereicht. Neben der Zwangsmitgliedschaft und den Kosten für eine Pflegekammer richtete sich die Kritik auch gegen die Umstände der durchgeführten Urabstimmung. Zwischenzeitlich hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde abgewiesen.


Weitere allgemeine Informationen zur Pflegekammer finden Sie unter der Internet-Adresse: www.pflegekammer-rlp.de  

Saarland


Seit längerem plädiert der Landespflegerat für die Errichtung einer Pflegekammer im Saarland. Initiiert von der CDU-Fraktion im Saarbrücker Landtag wurde im Juli 2016 angeregt, erneut über die Errichtung einer Landespflegekammer nachzudenken. Bis zu diesem Zeitpunkt war immer bekräftigt worden,  dass es in nächster Zeit keine Pflegekammer für die saarländischen Pflegekräfte geben werde. Man wolle zuerst die Erfahrungen mit der Landespflegekammer in Rheinland-Pfalz abwarten.


Im Saarland sind alle Arbeitnehmer zahlende Pflichtmitglieder der Arbeitskammer. Bei der saarländischen Arbeitskammer wurde speziell für den Bereich Pflege ein neues Referat geschaffen. Dessen Aufgaben wären im Großen und Ganzen deckungsgleich mit den Aufgaben einer noch zu schaffenden und u. a. vom Landespflegerat geforderten Pflegekammer. Mit der zusätzlichen Konsequenz, dass Arbeitnehmer in der Pflege dann ggf. doppelt Beitrag zahlen müssten.


Sachsen


In Sachsen ist zurzeit keine Pflegekammer geplant. Aus Sicht des Sozialministeriums ist eine Befragung aus dem Jahr 2011 nicht überzeugend. Seinerzeit hatten sich nur gut 6 Prozent der Pflegekräfte an der Befragung beteiligt. Davon sprach sich allerdings eine Mehrheit von über zwei Drittel für eine Pflegekammer aus. 


Sachsen-Anhalt


In Sachsen-Anhalt ist zurzeit keine Pflegekammer geplant.


Schleswig-Holstein


Am 21. Mai 2021 hat der Landtag in Schleswig-Holstein die Auflösung der Pflegekammer beschlossen. Mit knapp 92 Prozent hatten Schleswig-Holsteins hauptberuflich Pflegende im Februar 2021 für die Auflösung der Landespflegekammer gestimmt. Die Wahlbeteiligung war mit knapp drei Viertel recht hoch. Die Pflegekammer erfüllt bis zur endgültigen Entscheidung durch den Landtag ihre Aufgaben weiterhin.


Als zweites Bundesland nach Rheinland-Pfalz hatte Schleswig-Holstein eine Pflegekammer errichtet. Am 21. April 2018 wurde Frau Drube zur ersten Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein gewählt. Die Wahl zur 40-köpfigen Kammerversammlung, davon 11 Personen aus der Altenpflege, war Anfang April 2018 abgeschlossen worden. Die Pflegekammer hat rund 27.000 registrierte Mitglieder.


Anfang 2020 hatte die schleswig-holsteinische Landesregierung für die Pflegekammer 3 Millionen Euro bereit gestellt – verbunden mit einer verpflichtenden Urabstimmung über den Bestand oder die Abschaffung der Pflegekammer im ersten Quartal 2021. Im August 2020 hat das Sozialministerium einem Antrag zur Erweiterung der Anschubfinanzierung um drei Millionen Euro zugestimmt.  Für das Jahr 2019 erhebt die Pflegeberufekammer nun keine Mitgliedsbeiträge.


Historie: Seit dem Jahr 2008 ist der Pflegerat Schleswig-Holstein politisch aktiv, um eine Pflegekammer zu errichten. Im Dezember 2012 beschloss der Landtag die rechtlichen Voraussetzungen für eine Errichtung zu schaffen. Zunächst hätte nun ein Errichtungsgesetz zur Kammergründung verabschiedet werden müssen. Allerdings wollte das zuständige Ministerium nun auch eine Umfrage unter den Pflegenden durchführen, um ein repräsentatives Meinungsbild zur Errichtung einer Pflegekammer zu bekommen. Rund 1.170 Pflegekräfte waren im Jahr 2013 von TNS Infratest im Auftrag der Landesregierung um ihre Meinung gebeten worden. Eine knappe Mehrheit, nämlich 51 Prozent, haben sich für eine Pflegekammer ausgesprochen. 24 Prozent hat sie abgelehnt. Die restlichen Befragten hatten sich noch keine Meinung gebildet. Die geplante Einführung einer Pflegekammer hatte am 23. Januar 2014 im Landtag zu heftigen Kontroversen zwischen Regierung und Opposition geführt. So scheiterte der Antrag von CDU/FDP gegen eine Pflegekammer. Die Regierungsparteien lehnten den Antrag ab. Gegner der Pflegekammer kommen vor allem aus dem Lager der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. So hat zum Beispiel der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) eine eigene Befragung unter seinen Mitglieder zur Einführung einer Pflegekammer durchgeführt. Anfang September 2014 befasste sich das Kabinett erstmals mit dem entsprechenden Errichtungsgesetz. Im Oktober 2014 wurde das Anhörungsverfahren abgeschlossen. Die erste Lesung im Landtag erfolgte am 21. Januar 2015. Der Gesetzentwurf wurde anschließend dem Sozialausschuss zugewiesen, der im Sommer 2015 den entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen hat. Am 15. Juli 2015 hatte der Landtag in Schleswig-Holstein der Gründung einer Pflegekammer zugestimmt. Daraufhin hat der Errichtungsausschuss für eine Pflegekammer im Januar 2016 seine Arbeit aufgenommen und seit Mitte August 2016 unterstützt eine Geschäftsstelle die Arbeit des Ausschusses. Zu Irritationen hatte das Wahlprogramm der als Siegerin bei der Landtagswahl hervorgegangenen CDU geführt. Dort war die Abschaffung der Pflegekammer aufgeführt worden. Der Koalitionsvertrag von Mitte Juni 2017 zog ein solches Vorgehen aber nicht mehr in Betracht.


Informationen zur Pflegekammer finden Sie auf der Website www.pflegeberufekammer-sh.de


Thüringen


Das zuständige Ministerium befasst sich zurzeit mit der Suche nach einem geeigneten Verfahren, um den Bedarf für eine Pflegekammer abzufragen. Konkrete Aktivitäten zur Schaffung einer Pflegekammer sind nicht bekannt.


(blr)