04.01.2016 - GKV-Versorgungsstärkungsgesetz

Am 22. Juli 2015 wurde das Versorgungsstärkungsgesetz (Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung) im Bundesgesetzblatt Nr. 30 ab Seite 1211 veröffentlicht. Die meisten Änderungen sind bereits am 23. Juli 2015 in Kraft getreten.   


Das Gesetz soll eine gute Verteilung der Ärzte  – in städtischen Ballungsräumen genauso wie im ländlichen Raum gewährleisten. So sind zum Beispiel Zuschüsse für Praxiseröffnungen in unterversorgten Gebieten vorgesehen. Außerdem sollen die Patientenrechte gestärkt werden indem Terminservicestellen bei Bedarf die Terminvergabe für Facharzttermine beschleunigen.


Wesentliche Schwerpunkte des Gesetzes:


Die Regelungen für die Zu- und Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten werden weiterentwickelt. Über Strukturfonds ermöglicht es das Gesetz den Kassenärztlichen Vereinigungen überall in Deutschland Anreize für die Niederlassung von Ärzten zu schaffen, schon bevor Unterversorgung droht. Dies geschieht zum Beispiel durch Zuschüsse für Praxis-Neueröffnungen oder für besonders gefragte Leistungen.


Künftig werden mehr Weiterbildungsstellen gefördert. So steigt die Zahl der zu fördernden Weiterbildungsstellen in der Allgemeinmedizin von 5.000 auf 7.500. Für Fachärzte, die an der Grundversorgung teilnehmen, werden weitere 1.000 Stellen gefördert.


Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben nach diesem Gesetz Terminservicestellen einzurichten, die dazu beitragen sollen, die Wartezeiten auf einen Facharzttermin zu verkürzen. So sollen Versicherte mit einer Überweisung innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin vermittelt bekommen. Den Termin müssen die Terminservicestellen dem Versicherten innerhalb einer Woche nennen, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem er sich an die Terminservicestelle gewandt hatte. Dabei gilt eine Entfernung zu allgemeinen Fachärzten, wie beispielsweise Haut-, Frauen-, oder Augenärzten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von bis zu einer halben Stunde als zumutbar. Bei spezialisierten Fachärzten, wie beispielsweise Fachinternisten oder Radiologen, gilt eine Stunde als zumutbar.

Ausgangspunkt für die Minutenregel ist jeweils der nächstgelegene geeignete Facharzt. Wenn also beispielsweise der nächstgelegene geeignete Augenarzt (der jedoch keinen Termin hat) 20 Minuten entfernt ist, dann wäre eine Entfernung zu dem von der Terminservicestelle vermittelten Augenarzt von bis zu 50 Minuten akzeptabel. Seit dem 25. Januar 2016 können sich Patienten nun an die Termin-Servicestellen wenden. Sofern diese keinen Facharzttermin zeitnah vermitteln können, steht ein Behandlungstermin in der nächstgelegenen Krankenhausambulanz zur Verfügung.


Das Recht der Versicherten auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung wird gestärkt. Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass Operationen nur dann erfolgen, wenn sie medizinisch notwendig sind. Für bestimmte planbare und besonders mengenanfällige Eingriffe wird ein strukturiertes qualitätsgesichertes Zweitmeinungsverfahren eingeführt. Der behandelnde Arzt muss die Patienten auf ihr Recht auf Zweitmeinung hinweisen. Zudem werden die Anforderungen an die Qualifikation des Arztes, der eine Zweitmeinung ausstellt künftig, klar geregelt.


Die Krankenhäuser erhalten erweiterte Möglichkeiten, um erforderliche Leistungen, zum Beispiel Arzneimittel, verordnen zu können. Zudem werden die Krankenkassen stärker in den Prozess des Entlassmanagements einbezogen. Die Hochschulambulanzen profitieren von verbesserten Finanzierungs- und Teilnahmebedingungen in der vertragsärztlichen Versorgung.


Beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) wird ein Innovationsfonds eingerichtet. Mit jährlich 300 Mio. Euro werden von 2016 bis 2019 innovative Versorgungsformen gefördert.


Kranken- und Pflegekassen sollen künftig auf Regressforderungen gegenüber freiberuflichen Hebammen verzichten. Das kann dazu beitragen, die Versicherungsprämien langfristig zu stabilisieren. Zudem trägt dies dazu bei, eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe dauerhaft sicherzustellen.


Bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation haben die Versicherten künftig ein größeres Wunsch- und Wahlrecht.


Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhalten einen Anspruch auf zahnärztliche Prophylaxeleistungen zur zahnmedizinischen Prävention.


Ferner haben Versicherte künftig einen Anspruch auf Krankengeld schon von dem Tag an, an dem die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) erfolgt ist – und nicht erst vom darauffolgenden Tag an. Dies schließt eine Versorgungslücke für Versicherte, die wegen derselben Krankheit regelmäßig nur einen Arbeitstag arbeitsunfähig sind (beispielsweise wegen einer Chemotherapie oder wegen bestimmter Formen der Dialyse). Der Krankengeldanspruch bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird. Die weitere AU muss ein Arzt spätestens am Folgetag bescheinigen. Ist der Folgetag ein Samstag, Sonntag oder Feiertag, reicht es aus, wenn am nächsten Werktag ein neues Attest ausgestellt wird. Samstage gelten insofern künftig nicht mehr als Werktage. 

Außerdem werden die Bescheinigungen zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit entbürokratisiert. Ab 1. Januar 2016 wird der bisherige "Krankengeld-Auszahlschein" in die gelbe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung integriert. 


Die Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Bereich verordneter Leistungen werden in ihrer jetzigen Form aufgehoben und ab dem 1. Januar 2017 durch regionale Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen ersetzt, die zuvor zu vereinbaren sind. Dies war notwendig geworden, da die Zunahme an relevanten Normen auf Bundesebene die effektive Umsetzung in der Praxis immer mehr erschwert hat.


Das Gesetz tritt bis auf wenige Ausnahmen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Änderungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfungs-Verordnung allerdings erst zum 1. Januar 2017.